Serienreife Assistenzfunktionen für mobile Arbeitsmaschinen
Die Off-Highway-Industrie setzt zunehmend auf mobile Maschinen, die hochgradig vernetzt sind und teilautonom fahren. Als Folge davon wächst der Bedarf an Assistenzsystemen, die den Fahrer entlasten. High-Performance-Controller mit KI-Integration, robuste Sensorik, Kommunikationsmodule sowie umfangreiche Cloud-Services greifen nahtlos ineinander und ermöglichen innovative Funktionen, die den anspruchsvollen Anforderungen abseits der Straße gerecht werden. Mit ihrem Know-how wollen die Aussteller der SYSTEMS & COMPONENTS vom 9. bis 15. November aber auch eine nachhaltige Antwort auf den drohenden Fachkräftemangel geben.
Ob schwieriges Gelände oder wechselnde Witterungsbedingungen – viele Entscheidungen im Off-Highway-Einsatz müssen innerhalb kürzester Zeit getroffen werden, damit die Arbeitsabläufe stimmen. Im landwirtschaftlichen Umfeld kommt eine weitere Herausforderung dazu: Hier müssen die Fahrer häufig zwei Maschinen gleichzeitig steuern – mit einem deutlichen Zuwachs an Zeitaufwand bei sich häufig wiederholenden Aufgaben, die höchste Aufmerksamkeit erfordern. „Autonome Funktionen können dabei eine große Unterstützung für die Bediener darstellen“, sagt Petra Kaiser. „Die große Vielfalt an unterschiedlichen Arbeitsmaschinen auf dem Markt führt zu einem hohen Bedarf an modularen und flexiblen Assistenzsystemen, was sich auf der SYSTEMS & COMPONENTS sowohl an den Ständen als auch in den Vorträgen der Expert Stage widerspiegelt“, so die verantwortliche Brand Managerin der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft).

Funktionen für mehr Produktivität und Sicherheit
Den Bediener im Cockpit zu unterstützen ist folglich ein Thema, das auf dem Messegelände in Hannover eine zentrale Rolle spielen wird, ebenso wie auf der zeitgleich stattfindenden Agritechnica. Fortschrittliche Assistenzsysteme haben dabei mit ihren smarten Sensoren und intuitiven Bediengeräten sowohl erfahrene wie auch weniger erfahrene oder qualifizierte Fahrer im Blick. „Ziel ist es nicht zuletzt, das volle Potenzial mobiler Arbeitsmaschinen auszuschöpfen, damit diese noch produktiver werden“, betont Kaiser. Denn anders als bei Fahrzeugen auf der Straße, geht es bei Off-Highway-Maschinen darum, die Tätigkeiten zu automatisieren. Extrem repetitive Aufgaben sind deshalb die ersten Anwärter für Assistenzfunktionen.
Das Angebot an Lösungen für produktivere und sichere Arbeitsprozesse umfasst beispielsweise vereinfachtes Nivellieren, Nutzlastmessung im Umschlagbetrieb, elektronische Schwingungsdämpfung sowie diverse Bewegungssteuerungen, etwa für Radlader und Telehandler. Die verschiedenen Funktionen tragen nicht nur zur direkten Arbeitsunterstützung bei, wie der Sensierung der Schaufelbeladung von Baggern, sondern auch zur Kollisionswarnung oder der Front- und Heckabsicherung. Erkennen die Systeme Personen oder Gegenstände im Gefahrenbereich, warnen sie akustisch und/oder optisch und zeigen die Objekte auf dem Display an – selbst bei schlechter Witterung behält der Fahrer damit unübersichtliche Bereiche im Blick.

Intelligente Helfer im Cockpit
Es sind vor allem die Forderung nach höherer Produktivität und der Mangel an qualifizierten Fachkräften, die immer mehr Assistenzfunktionen nach sich ziehen. Die Fahrzeughersteller und Originalausrüster müssen diese Entwicklung im Design der Human Machine Interfaces (HMI) vorausschauend berücksichtigen. Für eine intuitive Nutzererfahrung sorgen ergonomische Joysticks mit mehrdimensionalem optischen und haptischem Feedback sowie hochauflösende, kontrastreiche und handschuh-bedientaugliche Displays mit einfach erfassbaren Visualisierungen. Und auch die nächste Entwicklungsstufe der HMI-Konzepte kündigt sich auf der SYSTEMS & COMPONENTS bereits an: Nutzeroberflächen, die auf Extended-Reality (XR)-Technologien basieren. Mit ihnen lassen sich digitale Geländemodelle präzise in die reale Situation vor Ort integrieren oder der Maschinenstatus im unmittelbaren Blickfeld anzeigen.
Darüber hinaus sollen die XR-Technologien das Vertrauen in die Interaktion mit der Maschine erhöhen. Die Aufgabe: Den Bediener von Beginn an mitnehmen und einbinden, damit sich auch weniger routinierte Personen schnell in einer neuen Maschine zurechtfinden. Hier setzen selbstlernende Assistensysteme an, die spezifische Verbesserungsmöglichkeiten erkennen. Über die vorhandenen Sensoren einer Maschine lassen sich während der Arbeit Messungen durchführen, um in der Kabine ein direktes Feedback zu geben – so werden optimale Arbeitstechniken im laufenden Betrieb vermittelt. Dank dieser dialogbasierten Arbeitsweise wird der Fahrer aktiv in alle Optimierungsmaßnahmen eingebunden. Zusätzlich zeigen die Systeme mit Videos, wie man den Fahrweg richtig verkürzt, korrekte Schaufelwinkel einstellt, die Schütthöhe reduziert oder die Einstellung der Hubendabschaltung nutzt. Das macht die Assistenzsysteme zu einem Onboard-Trainingsprogramm für Bagger, Muldenkipper oder Raupen.
Die Maschine einfach "machen" lassen
Nicht nur auf der Baustelle steigern die Assistenzsysteme die Arbeitseffizienz. Landmaschinen wie Mähdrescher und selbstfahrende Feldhäcksler lassen sich ebenso mit umfassenden Technologiepaketen ausstatten, welche automatisch die Fahrgeschwindigkeit an die aktuelle Motorlast sowie an voreingestellte Zielwerte anpassen – so wird stets mit maximaler Produktivität geerntet. Zusätzlich kommen Stereokamerasysteme zum Einsatz, um die Drehung und Klappenstellung des Auswurfkrümmers automatisch zu steuern. Dabei werden Transportfahrzeuge erkannt und die Erntegüter präzise platziert, um eine optimale Befüllung zu gewährleisten. Darüber hinaus assistieren die Systeme beim Wechsel zwischen Feldeinsatz und Straßenfahrt mit wichtigen Funktionen, darunter das Aktivieren der Rundumleuchten, das Zuschalten des Allradantriebs, die Anpassung der Motordrehzahl sowie die Positionierung des Auswurfkrümmers.
Wie aber macht man aus Zugmaschine und Anbaugerät ein Team, das optimal zusammenarbeitet? Eine wichtige Aufgabe übernimmt dabei das Tractor Implement Management (TIM). Die auf Basis von ISOBUS entwickelte Technologie ermöglicht die bidirektionale Kommunikation zwischen Traktor und Anbaugerät – und gilt damit als ein Herzstück des Precision Farming. War bislang die Zugmaschine das bestimmende Element im landwirtschaftlichen Prozess, übernimmt mittels Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) nun die Sensorik und Steuerungsarchitektur des Arbeitsgeräts die Führung.

Traktor und Anbaugerät werden eins
Die "Intelligenz" des gezogenen Geräts gibt dem Traktor vor, wieviel Leistung erforderlich ist, vom Beschleunigen über das Reduzieren oder Erhöhen der Motordrehzahl bis zum Bremsen . Eine Feldspritze kann so die Geschwindigkeit der Zugmaschine steuern, um eine mögliche Abdrift von Pflanzenschutzmitteln zu minimieren. Spezielle Funktionserweiterungen ermöglichen einem Anbaugerät, das Hubwerk sowie die Zapfwelle zu steuern, um etwa die Arbeitstiefe anhand von Applikationskarten automatisiert anzupassen. So erfolgt die tiefe Bodenbearbeitung nur an den Stellen, wo diese nötig ist. Das schont den Boden und spart Kraftstoff – ein Schritt in Richtung nachhaltiger Landwirtschaft.
All das zeigt: Die Digitalisierung und Vernetzung im Off-Highway-Bereich eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten für Assistenzsysteme, gleichzeitig steigt aber die Komplexität. Die Algorithmen übernehmen immer mehr Funktionen, wodurch die Bedienung komfortabler und die Arbeit sicherer wird. Als Folge davon benötigen mobile Arbeitsmaschinen Hochleistungsrechner, um die Vielzahl an Sensorik-Informationen zielführend zusammenzubringen. „Die Fusion von kamerabasierter Sensorik, elektrischer Aktorik in Verknüpfung mit Cloud- und Satellitendiensten ist für Maschinenhersteller eine große Herausforderung“, bestätigt DLG-Expertin Petra Kaiser.
Autonomie auf dem Vormarsch
Vor diesem Hintergrund stehen smarte Sensorsysteme ganz oben auf der Roadmap der Technologieanbieter, denn sie erlauben größtmögliche Flexibilität bei der Installation und Anwendung. Die Hersteller mobiler Arbeitsmaschinen erhalten damit einen funktionalen Grundbaukasten, mit dem sie nach dem Plug-and-Play-Prinzip eigene Assistenzsysteme konzipieren können – abgestimmt auf die jeweiligen Anforderungen. Die in Hannover gezeigten Sensorbaukästen bestehen aus unterschiedlichen Ultraschall- und Radar- sowie Multikamerasystemen. Zum Funktionsumfang zählen beispielsweise Tot-Winkel-Überwachung, Objekterkennung oder Manövrierassistenz.
Überdies ermöglichen erst die leistungsstarken Edge Controller und Embedded Multi-Core-Prozessoren der jüngsten Generation die Integration von KI-basierten Funktionen. So kann neben einer 360-Grad-Rundumsicht-Überwachung mit Personenerkennung ein zusätzliches Kamerasystem zur KI-gestützten Prozessoptimierung eingesetzt werden. Über CAN können die Systeme mit den internen Bus-Systemen der Fahrzeuge verbunden werden und mittels Multi-Band-GNSS steht RTK (Real Time Kinematic) zur Verfügung. Dadurch lassen sich die mobilen Arbeitsmaschinen zentimetergenau navigieren. Vom 9. bis 15. November gibt die SYSTEMS & COMPONENTS einen Ausblick darauf, was im Off-Highway-Sektor in den kommenden Jahren zu erwarten ist und wie sich die nächste Stufe der Autonomie erklimmen lässt.